Wie wird die TV Einschaltquote gemessen?
Die TV Einschaltquote (TV steht für Television – wie ein grandioser Ausdruck aus einer anderen Zeit) ist für alle, die mit dem Fernseher aufgewachsen sind, ein Begriff. Einschaltquoten heben und senken den Daumen für so manches TV Format und ohne die Einschaltquote könnten wir am Ende noch über das Jahr 2014 hinaus ‚Wetten dass…???‘ erleben. Schlechte Einschaltquoten sind für manch gutes TV Format der schnelle Tod. Wie die Einschaltquoten ermittelt werden, ist den meisten Zuschauern bekannt. Die GfK (ehemals Gesellschaft für Konsumforschung), Deutschlands größtes Marktforschungsinstitut, führt die Erhebung der TV Einschaltquoten oder genauer gesagt der Fernseh-Nutzungsdaten seit einigen Jahrzehnten durch. Aktuell werden die TV Einschaltquoten von rund 5000 Haushalten bestimmt, die einem verkleinertem Abbild aller deutschen und EU-ausländischen Fernsehhaushalte in Deutschland entsprechen soll. Soweit die graue Theorie.
TV Einschaltquote in der Praxis
Vor einigen Wochen eröffnete mir dann mein Elternhaus, dass die GfK das GfK-Meter bereits installiert hat. Wow, meine Eltern definieren nun 0,02% der TV Einschaltquote. Ein Boost für die Dritten, die öffentlich rechtlichen Sender. Spannend, dachte ich mir, und war ganz fasziniert, die moderne Technologie, die die Währung im deutschen Fernsehen definiert, Preise für Werbung steigen oder purzeln lässt und jeden Showmaster ins Schwitzen bringt, kennenzulernen. Zeitgemäß und nutzerfreundlich. Das sind zwei Begriffe, die mit dem GfK-Meter aus meiner Sicht nicht viel gemein haben. Eine etwas kryptisch wirkende Fernbedienung, über die sich die Zuschauer anmelden müssen, steht im Mittelpunkt des Geschehens. Dazu eine kleine Anzeige unter dem TV, die verdeutlicht, wer aktuell vorgibt, vor dem TV zu sitzen. Es sei schon wichtig, sich wahrheitsgemäß an- und abzumelden, muss der GfK-Mitarbeiter bei der Installation gesagt haben. Dass die Grenze dabei grau und verwaschen und alles andere als scharf ist, das musste er sich dabei wohl selbst eingestehen. Also, wenn man in der Küche sei und die TV Sendung ja auch noch leicht hören könnte, dann müsse man sich nicht abmelden. Hier ziehe ich mal eine Parallele zum digitalen Marketing, wo man beim Tracking schon länger auf Werte wie die reale Sichtbarkeit von Werbemitteln (visible AIs) und die Interaktionen mit Rich Media Content (Dwell Rate) diskutiert und diese auch zur Bewertung der Werbemaßnahmen heranzieht. Die Diskussion ob ich in der Küche stehe, dort einen Braten brutzel und bei Hansi Hinterseer wahrheitsgemäß noch angemeldet, oder auch nicht, scheint mir dagegen schon fast bizarr. In der Praxis jedenfalls (dreitätiger Feldtest im Elternhaus) erschien mir der Anteil, in der A, B oder Gast noch angemeldet war, obwohl niemand zuschaute, höher als sein Counterpart.
Gegenentwurf der digitalen Vermarkter
Die Ermittlung der Einschaltquoten für das Fernsehen ist also recht nahe an der Farce, die ich mir bisher darunter vorgestellt habe. Wenn man bedenkt, dass die Zahlen sage und schreibe am nächsten Morgen um 08:30 Uhr vorliegen – auch hier der Schulterblick auf digitales Tracking – und welches Budget dafür von der GfK bereitgestellt wird, da muss man schon schmunzeln. Aber wohin führt mich diese Einsicht im Kampf der Werbebudgets zwischen dem klassischen TV und anderen Kanälen? Ich würde mir einen Gegenentwurf der digitalen Branche zur Erhebung der TV Einschaltquoten wünschen. Einen Entwurf, der der digitalen Branche gerecht wird und wahrscheinlich entlarvend für die aktuellen TV Einschaltquoten sein wird. Er würde der digitalen Branche die Argumente liefern, weitere Budgets zu akquirieren. Es wäre eine spannende Aktion und die Technologie, die Vernetzung dafür sollte vorhanden sein. Aber wer sich diesen Schuh anziehen mag? Der BVDW? Ein Zusammenschluss von Vermarktern? Ich fürchte, das Vorhaben ist zu gewagt, zu weit ‚outside the box‘, als dass er irgendwann realisiert würde. Und in den nächsten 20 Jahren wird sich der Inhalt und die Art und Weise, wie Medien konsumiert werden, soweit verändern, dass sich die Frage nach der ‚wahren Einschaltquote‘ erübrigt. Und Hansi Hinterseer – nix für ungut.
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